John Cage: Where are we going? And what are we doing?

Realisation als Klanginstallation von Volker Straebel (MaerzMusik 2002)

Den Tonbändern seiner Lesung des Vortrages Where are we going? And what are we doing? stellte Cage folgende Anweisung zur Seite:

4 Einkanal-Tonbänder (7½ ips; jeweils 45') zusammen oder in Teilen zu verwenden um einen einzelnen Vortrag zu erhalten, oder in beliebiger Kombination zu verwenden um bis zu vier simultane Vorträge zu erhalten. Wenn Kombinationen erstellt werden, sollten die Lautsprecher im Raum von einender getrennt aufgestellt werden. Die Lautstärken können gemäß der Partitur WBAI verändert werden.

Zur Komposition wurden die Materialien von Cartridge Music verwendet. Die folgenden vier Programme der vier Tonbänder ergeben einen Vortrag ein einer Stunde Dauer.

I: Start 0"; Stop 19'00"; Start 30'00"; Stop 45'; Start 53'30"; Stop 60'00".

II: Start 5'00"; Stop 19'00"; Start 26'30"; Stop 58'45".

III: Start 2'30"; Stop 12'30"; Start 22'30"; Stop 32'30"; Start 36'00"; Stop 50'00"; Start 51'00"; Stop 59'30".

IV: Start 54"; Stop 10'00"; Start 11'00"; Stop 23'00"; Start 26'00"; Stop 30'45"; Start 34'00"; Stop 49'45"; Start 54'00"; Stop 57'15".

Wegen der durch den Stundenrhythmus der Aufführungen von 4'33" gegebenen Global-Struktur von si·mul·ta·ne·ous si·lence habe ich für die Einrichtung des Vortrages Where are we going? And what are we doing? als Klanginstallation die von Cage vorgeschlagene zeitliche Spreizung des Materials auf eine Stunde übernommen. Dabei ist allerdings in Kauf zu nehmen, dass die Schlüsse der einzelnen Bänder jeweils nicht zu hören sind - an Stelle von 45' bieten die Programme von Cage nur 40'30" (I), 42'30" (III) und 44'45" (IV) Zeit. Einzig das Programm von Tonband III ist mit 46'15" länger als das zur Verfügung stehende Material. Den Zeitpunkt 0'54" von Tonband IV habe ich zu 0'45" korrigiert.

Die vier Tonbänder, die das Ausgangsmaterial darstellen, wurden von Cage in der gleichen, konstanten Lautstärke aufgezeichnet. Für die Einrichtung von Where are we going? And what are we doing? als Klanginstallation wurde die Wiedergabe-Lautstärke variiert, und zwar gemäß Cages Partitur WBAI (1960). Diese Partitur, benannt nach der New Yorker Radiostation, in der sie im Februar 1960 von John Cage und David Tudor zur Aussteuerung von Cages Vortrag Communication benutzt wurde, ist eine Ausarbeitung von Fontana Mix (vgl. Konzert um 19.30 Uhr). Sie besteht aus graphischen Systemen, in denen mit horizontalen Balken das Ein- und Ausschalten von bis zu vier Geräten oder Tonspuren angezeigt wird. Die 20 Seiten mit je drei solchen Systemen können in beliebiger Reihenfolge oder Auswahl verwendet werden. Ihr Zeitmaßstab ist nicht festgelegt. Cage weißt im Vorwort zu der Partitur darauf hin, dass "bestimmte Operationen möglicherweise nicht ausgeführt werden können, z.B. drei oder vier zugleich. Der Tonmeister soll hier tun was er kann ohne eine Assistenten zu bemühen."

Für meine Realisation habe ich den Maßstab von einer Sekunde pro inch gewählt, womit man für eine Stunde knapp sieben Systeme braucht und das kürzeste Ereignis 7,5" lang dauert. Weil mit WBAI Lautstärken verändert und nicht einfach Kanäle ein- und ausgeschaltet werden sollen, habe ich den Pegel in den Pausen sehr stark, aber nicht bis zum Verstummen abgesenkt. Dem liegen zwei Überlegungen zu Grunde: Zum einen kann der Hörer so unterscheiden zwischen Pausen, die durch WBAI erzeugt wurden und solchen, die sich aus dem Ausschalten der Bänder in dem von Cage mitgeteilten Programm zur Verlängerung des Vortrages ergeben. Zum anderen wird so dem Hörer bewusst, dass hinter der Stille stets noch ein Klingen liegt.

Where are we going? And what are we doing? mit WBAI wurde als Klanginstallation realisiert mit Jean Szymczak, Tonmeister Studio P4.

Volker Straebel 2.02

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leicht verändert im Programmbuch MaerzMusik 2002
© Volker Straebel kein Abdruck ohne schriftliche Genehmigung des Autors / no reprint without author's written permission